Gesundheitsministerin Petra Köpping hat heute im Kabinett über den Stand und die Weiterentwicklung des »20-Punkte-Programms – Medizinische Versorgung 2030« berichtet. »Es braucht besondere Anstrengungen, um den Ärztebedarf in Sachsen befriedigen zu können. Dabei gibt es keine einfache Gesamtlösung, sondern viele Maßnahmen, die ständig weitergedacht werden müssen und die das Mitwirken aller Akteure im Gesundheitswesen erfordert.« Daher wurden die Akteure vom Ministerium um Vorschläge gebeten, um gemeinsam das medizinische Zukunftsprogramm für den Freistaat weiterzuentwickeln. Diese sind in den heute dem Kabinett vorgelegten Bericht eingeflossen.
20-Punkte-Programm: Medizinische Versorgung 2030 wird weiterentwickelt
Erhöhung der Zahl der Studienplätze
Darunter befinden sich beispielsweise Vorschläge zur weiteren Erhöhung der Anzahl der Studienplätze für die Humanmedizin und erstmalig zur Erhöhung der Anzahl der Studienplätze in der Zahnmedizin. Der Freistaat Sachsen hat die Anzahl der Studienanfängerplätze für Humanmedizin bereits deutlich auf 615 erhöht. Das Sozialministerium hat sich im Prozess der Anpassung des Hochschulentwicklungsplanes 2025plus für eine Erhöhung der Plätze für Humanmedizin und Zahnmedizin (derzeit 109 Plätze) ausgesprochen. Dies wird Teil der nächsten Haushaltsverhandlungen sein.
Vorschlag einer Landzahnarztquote
Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Sachsen (KZVS) und Landeszahnärztekammer Sachsen (LZKS) hatten sich für die Einführung einer Landzahnarztquote im Freistaat Sachsen ausgesprochen, da nach den vorliegenden Daten der KZVS zur Altersstruktur der Zahnärzteschaft bis zum Jahr 2030 mehr als 60 Prozent der niedergelassenen Zahnärzte das Rentenalter erreichen werden. Es fehlen Nachwuchskräfte, welche die Lücken füllen.
Ministerin Köpping: »Wir unterstützen dieses Vorhaben, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Vorabquote ist nur dann rechtlich zulässig, wenn das Ziel nicht genauso effektiv mit einer weniger einschneidenden Maßnahme erreicht werden kann. Zunächst ist daher die KZVS aufgefordert, alle milderen Maßnahmen vollends auszuschöpfen. Ich freue mich, dass die KZVS ab sofort Studierende im Rahmen ihrer Famulatur sowie darüber hinaus auch Vorbereitungsassistentinnen und -assistenten in schlecht versorgten Regionen fördern wird und wir uns hier gemeinsam auf den Weg machen.«
Dr. Holger Weißig, Vorstandsvorsitzender der KZVS, erläutert die von der Zahnärzteschaft initiierten Maßnahmen, die gemeinsam mit den Krankenkassen getragen werden: »Wir wollen damit den zahnärztlichen Nachwuchs durch spürbare finanzielle Unterstützung anregen, auch Regionen außerhalb der Studienstandorte kennenzulernen. Neben empathischen Faktoren ist es jedoch unerlässlich, dass die Kommunen sowie der Gesetzgeber verbesserte strukturelle und ökonomische Rahmenbedingungen schaffen, damit Zahnärztinnen und Zahnärzte ihren Lebensmittelpunkt zukünftig in Sachsen suchen. Dies wird nur gelingen, wenn alle Akteure dieses für die Sicherstellung der Versorgung so wichtige Ziel gemeinsam und ernsthaft verfolgen«.
Stärkung der Weiterbildung von Ärzten im ländlichen Raum
Das 20-Punkte-Programm beinhaltet auch Maßnahmen zur Stärkung der Weiterbildung von Ärzten im ländlichen Raum, da dies eine große Chance ist, den Nachwuchs in der Region zu verwurzeln.
Dieses Anliegen wird auch von der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS) verfolgt. Dr. Klaus Heckemann, Vorstandsvorsitzender der KVS dazu: »Das Thema steht bei uns schon lange auf der Agenda. Ab 2024 gibt es einen pauschalen Förderbetrag in Höhe von 10.000 Euro für Praxen für die Weiterbildung von ärztlichem Nachwuchs, wenn für die betreffende Arztgruppe eine (drohende) Unterversorgung bzw. ein zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf für die Region besteht.«
Strukturen und Arbeitsbedingungen
Alle Aktivitäten zur Personalgewinnung werden jedoch nur dann erfolgreich sein, wenn sich zugleich die Strukturen und Arbeitsbedingungen entsprechend weiterentwickeln. Deshalb stehen Themen wie »Gesundheitszentren im ländlichen Raum entwickeln«, »Ärzte entlasten durch Delegation ärztlicher Leistungen« und »Ärzte bei Digitalisierung und Telemedizin unterstützen« bei der Weiterentwicklung des Zukunftsprogramms ebenfalls auf der Agenda. Die Digitalisierung und Delegation wird in den nächsten Jahren einen Beitrag zur Steigerung der Qualität und zur Entlastung bringen.
Der Präsident der Sächsischen Landesärztekammer Erik Bodendieck hierzu: »Die Sicherung und Verbesserung der medizinischen Versorgung in Sachsen muss eng mit der Digitalisierung verknüpft werden, um die Arbeit von Ärztinnen und Ärzten sowie dem medizinischen Personal effektiver zu machen. In Verbindung mit Gesundheitszentren kann eine wohnortnahe Versorgung mit digitalen Lösungen gerade für Menschen im ländlichen Raum eine Verbesserung der Lebensqualität bedeuten. Die Stichworte dazu sind die elektronische Befunderhebung, Telerucksack, Telesprechstunde, mobile Angebote und vieles mehr.«
Staatsministerin Köpping: »Der Weg dahin ist nicht einfach, denn Projekte zur Digitalisierung sind häufig zunächst mit höherem Aufwand und Umstellungen bei den Arbeitsprozessen verbunden, wie es beispielsweise bei der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und der elektronischen Patientenakte der Fall ist. Ich danke vor allem den ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzten für ihr Engagement und die konstruktive Herangehensweise bei der Digitalisierung und Delegation. Gleichzeitig ist mir die Entbürokratisierung ein wichtiges Anliegen. Niederlassungshürden müssen abgebaut werden.«
Stärkung der Eigenverantwortung von Patientinnen und Patienten
Das »20-Punkte-Programm – Medizinische Versorgung 2030" beinhaltet als neuen Aspekt die Stärkung der Eigenverantwortung der Patientinnen und Patienten, da dies ein wesentlicher Faktor für die Erhaltung der Gesundheit ist.
Ministerin Köpping: »Eigenverantwortlich zu handeln, dazu muss motiviert werden – kontinuierlich und im Sinne der Vorbildfunktion. Eine Maßnahme dafür ist das Rezept für Bewegung, welches der Arzt dem Patienten übergeben kann und mit welchem eine ärztliche Bewegungsberatung umfasst ist, die zu mehr Bewegung und einem aktiven Lebensstil motivieren soll. Es ist ein maßgeschneidertes Rezept mit klaren Hinweisen auf Gesundheitssportangebote in der Nähe des Wohnortes.«
Hintergrund:
Der demographische Wandel, die Alterung der Bevölkerung und der Fachkräftemangel stellen bereits jetzt in allen Bereichen des Lebens und des Arbeitens eine große Herausforderung für uns dar. Hinzu kommt die Entwicklung in der Arbeitswelt hin zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Beispiel durch Teilzeitarbeitsmodelle. Die Folgen sind auch im Bereich der medizinischen Versorgung deutlich spürbar. So ist insbesondere die hausärztliche Versorgungssituation in vielen Regionen angespannt. Es bedarf eines ganzen Bündels von Maßnahmen, um den steigenden Bedarf der älter werdenden Gesellschaft auch in Zukunft zu bewältigen und weiterhin eine gute medizinische Versorgung sicherzustellen.
Einen Beitrag hierzu im Freistaat Sachsen ist das »20-Punkte-Programm - Medizinische Versorgung 2030«, das unter anderem die Nachwuchsgewinnung im Blick hat. Auf dieser Grundlage sind beispielsweise bereits insgesamt 90 zusätzliche Studienplätze für Humanmedizin in Sachsen und weitere 20 Studienplätze außerhalb Sachsens für Sachsen in den letzten Jahren entstanden. Die Vergabe der Studienplätze in der Humanmedizin über eine Landarztquote ist im Jahr 2022 in Sachsen erfolgreich gestartet.
[30.01.2024]