Es gab verschiedene Gründe, die dazu geführt haben, dass ich mich für die Chirurgie entschieden habe. Im Studium habe ich schon während des Präparierkurses gemerkt, dass mich die Bauchregion - das Abdomen – sehr interessiert, da diese sehr vielseitig ist. Für meinen Entscheidungsprozess selbst waren dann vor allem die Praktika hilfreich, die ich während des Medizinstudiums gemacht habe. Bei einem Praktikum war ich am St. Elisabeth Krankenhaus in Leipzig in der Abteilung, in der ich auch jetzt arbeite. Das Operieren hat mich sofort fasziniert und die Begeisterung, speziell für die Viszeralchirurgie, wuchs. Am Ende des Studiums wurde die Entscheidung Chirurgin zu werden, durch das Praktische Jahr bestärkt.
Über die Vielfalt und Herausforderungen als Chirurgin
Dr. med. Carolin Piotrowski, Facharztweiterbildung zur Chirurgin in Leipzig
Besonders spannend am Fachgebiet der Chirurgie finde ich die Vielseitigkeit. Die heutige Medizin wird immer spezialisierter. Dies verbessert die Patientenversorgung deutlich, führt jedoch auch dazu, dass man als Ärzt*in oft ähnliche Krankheitsbilder behandelt. In der Bauchchirurgie ist das anders, die Operationen variieren von kleinen Abszessen bis zu mehrstündigen, komplexen Tumoreingriffen. Dies führt auch dazu, dass man Patient*innen unterschiedlichster Altersgruppen behandelt, was mir sehr gut gefällt. Zudem ist die Chirurgie ein dankbares Fach, da man die Ergebnisse seiner Arbeit unmittelbar sieht. Die Patient*innen kommen mit Beschwerden und meist geht es ihnen bereits kurz nach der Operation viel besser. Das ist gut für die eigene Psychohygiene. Gleichzeitig trägt man aber natürlich auch unmittelbar die Verantwortung, wenn etwas während einer Operation schief geht.
Herausfordernd bei der Arbeit als Chirurgin in einem Krankenhaus ist, dass die Arbeit sehr zeitintensiv ist. Das gilt aber natürlich nicht nur für die Chirurgie. Die Dienstsysteme unterscheiden sich zwar in verschiedenen Krankenhäusern, doch meist hat man schon zwölf bis vierundzwanzig Stunden Dienste. Das ist körperlich und psychisch für einen selbst anstrengend, aber auch eine Herausforderung für das Privatleben. Speziell in der Chirurgie kommt hinzu, dass man schnell viel Verantwortung übernehmen muss. Die Lernkurve ist aber sehr steil. Um zu operieren, muss man theoretisches Wissen und praktisches, handwerkliches Können vereinen. Wenn man während der Praktika im Studium nicht das Glück hatte, Nähen oder Knüpfen zu dürfen, ist das sehr herausfordernd. Man wird ein bisschen ins kalte Wasser geworfen. Man sollte als Chirurg*in sicherlich auch eine gewisse Widerstandsfähigkeit mitbringen. Im OP herrscht oft ein zackiger Ton, weil alle sehr konzentriert sind und man mit komplizierten Situationen konfrontiert wird, in denen schnell gehandelt werden muss. Die Kommunikation miteinander ist daher oft auf das Nötigste beschränkt, das darf einen nicht kränken. Gleichzeitig braucht man meiner Meinung nach aber auch unbedingt Teamfähigkeit, da man im OP immer als Team agiert, gerade in stressigen Situationen. Außer Frage steht, dass man Freude am handwerklichen Arbeiten habe sollte.
Letztlich muss sich, jede*r angehende*r Mediziner*in im Studium selbst anschauen, welche Bereiche einen interessieren. Wenn man mit einer Fachrichtung liebäugelt, sollte man möglichst verschiedene Abteilungen besuchen, da sich die Teams und die Stimmung stark unterscheiden. Aus meiner Erfahrung muss man aber auch als Frau keine Bedenken haben, in die Chirurgie zu gehen. Man trifft immer mehr andere Chirurginnen und die Akzeptanz bei Kolleg*innen, Chef*innen und Patient*innen ist mittlerweile hoch. Da hat sich in den letzten Jahren viel geändert, auch bezogen auf die Familienfreundlichkeit. Natürlich gab es auch Momente in denen ich gemerkt habe, das sind jetzt Ansichten aus der „alte Schule“, die sich über Jahrzehnte gefestigt haben. Diese werden jedoch immer seltener. Ich habe selbst ein kleines Kind und bekomme Arbeiten und Privatleben gut unter einen Hut, aber es ist herausfordernd. Man braucht auch eine*n Partner*in, der*die mitzieht und lange Schichten mitträgt. Ideal ist natürlich, wenn zusätzlich die Großeltern, Familie oder Freunde helfen können. Zum Glück gibt es auch immer mehr Kindergärten, die Öffnungszeiten haben, die auch in Schichten arbeitende Eltern berücksichtigen. Außerdem bedarf es eines Arbeitgebers, der einem keine Steine in den Weg legt und Dinge akzeptiert, die ein Kind mit sich bringt: Also Mutterschutz, Elternzeit und Verständnis, wenn das Kind mal krank ist. In meiner Abteilung gibt es viele Mitarbeiter mit Kindern und damit werden diese Dinge glücklicherweise zur Normalität.
An Leipzig liebe ich, dass ich alles mit dem Rad erreichen kann. Ich komme aus der Nähe von Berlin und bin zum Studieren nach Leipzig gezogen. Ich fühle mich hier sehr wohl und mag die Mischung aus Groß- und Kleinstadt. Man kann sehr viel unternehmen, trifft aber auch zufällig Bekannte auf der Straße. Einen absoluten Pluspunkt finde ich außerdem die Seen, die mit dem Rad zu erreichen sind. Es herrscht einfach eine entspannte Atmosphäre in der Stadt.